Gebäudeenergiegesetz für Neu- und Bestandsgebäude erklärt: Änderungen und Folgen
Es kommt eher selten vor, dass vermeintlich trockene und fachspezifische Gesetzesvorlagen nicht nur im Parlament und den betroffenen Branchen, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit diskutiert werden. Das Gebäudeenergiegesetz, insbesondere für Bestandsgebäude, kann in dieser Hinsicht definitiv als Ausnahme gelten.
Kaum eine Gesetzesnovelle wurde in jüngerer Vergangenheit derart kontrovers und leidenschaftlich von Bundestag bis Küchentisch diskutiert. Der Grund liegt auf der Hand: Es regelt nicht nur die nahe Zukunft der Wärmewende, sondern betrifft auch breite Bevölkerungsschichten: Bauherren, Mieter, Vermieter, Planer und Bauunternehmen. Da ist es nicht allzu verwunderlich, dass in Zeiten von Inflation, knapper Ressourcen und Klimawandel selbst über energetische Fragen besonders leidenschaftlich gestritten wird.
Nachdem der Bundestag am 08.09.23 die finale Gesetzesfassung verabschiedet hat, liegt der Fokus mittlerweile auf ganz konkreten Fragestellungen. Welche Auswirkungen hat das Gebäudeenergiegesetz auf Alt- und Neubauten? Was passiert mit bestehenden Heizungssystemen? Und bestehen Übergangsfristen? Wir geben einen Überblick.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) definiert für Bestandsgebäude energetische Anforderungen für beheizte und klimatisierte Gebäude.
- Nach dem neuen Heizungsgesetz müssen neu installierte Heizungen mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden.
- Neubauten müssen den Effizienzhausstandard 55 einhalten.
- Für Bestandsimmobilien besteht bei Heizungen keine Austauschpflicht.
Was ist das Gebäudeenergiegesetz?
Hinter dem sperrigen Namen verbergen sich zahlreiche Veränderungen mit weitreichenden Konsequenzen für die energetische Planung neuer Gebäude und Bestandsimmobilien.
Konkret definiert es die energetischen Anforderungen an Gebäude. Das GEG vereint und ersetzt bisherige Energiegesetze wie die Energieeinsparverordnung (EnEV 2022), das Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG), indem es ihre Inhalte in einer einheitlichen Vorschrift zusammenführt.
Das ursprüngliche Gebäudeenergiegesetz gilt bereits seit 2020, die so heiß diskutierte Neufassung ist streng genommen also lediglich eine Fortführung und Aktualisierung – auch wenn weitreichende Änderungen enthalten sind.
Es findet Anwendung auf sämtliche Gebäude, die über Heizung oder Klimatisierung verfügen. Seine Bestimmungen fokussieren sich in erster Linie auf die jeweilige Heizungstechnik und den Wärmedämmstandard und sind dabei besonders für die TGA-Planung wichtig. So dürfen beispielsweise Neubauten nur noch einen bestimmten Prozentsatz der Primärenergie eines Referenzwerts verbrauchen, der für jedes Gebäude individuell berechnet wird.
Energiehaushalt als Maßstab
Zur Ermittlung des Energieverbrauchs eines Gebäudes werden nicht nur die Raumheizung und -kühlung berücksichtigt, sondern auch die Warmwasserbereitung, der Betrieb von Lüftungsanlagen und der Stromverbrauch durch Geräte wie Heizungspumpen, Heizkessel oder Regler.
Darüber hinaus sind bestimmte Anforderungen an den Luftaustausch und die Minimierung von Wärmebrücken zu erfüllen. Zusätzlich definiert das Gebäudeenergiegesetz Vorschriften für bestehende Klimatechnik und Maßnahmen zum Hitzeschutz während der Sommermonate.
Was muss bei Neubauten beachtet werden?
Gemäß dem GEG sind ab dem Jahr 2023 sämtliche geplanten und errichteten Neubauten dazu verpflichtet, die Standards eines Niedrigstenergiegebäudes zu erfüllen. Ein solches Gebäude entspricht den Anforderungen eines Effizienzhaus 55. Die technische Umsetzung des Referenzgebäudes wird in den Anlagen 1 und 2 des GEG detailliert definiert.
Dabei muss ein Neubau unter anderem folgende Anforderungen erfüllen:
- Jahres-Primärenergiebedarf: Das GEG berücksichtigt die gesamte Prozesskette des Energieverbrauchs. Gemäß § 15 des GEG darf der jährliche Primärenergiebedarf für Heizung, Warmwasserbereitung, Lüftung und Kühlung nicht mehr als das 0,55-fache eines entsprechenden Referenzgebäudes betragen.
- Dichtheit: Die Gebäudehülle muss gemäß § 13 des GEG luftundurchlässig und sorgfältig abgedichtet sein. Gleichzeitig muss sie einen Mindestluftwechsel gewährleisten, um die Bedürfnisse der Bewohner und des Heizungssystems zu erfüllen.
- Baulicher Wärmeschutz: Der Wärmeverlust durch die Gebäudehülle darf höchstens das 1,0-fache des entsprechenden Werts des jeweiligen Referenzgebäudes übersteigen.
- Wärmebrücken: Die Verluste von Wärme durch Anschlüsse in der Gebäudehülle sollten optimalerweise minimiert werden, wobei jedoch auch wirtschaftliche Aspekte Berücksichtigung finden müssen.
Heizung im Neubau
Nach dem GEG muss künftig jede neu eingebaute Heizung zu 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden – zunächst beschränkt auf Neubaugebiete, außerhalb davon frühestens ab 2026.
Als erneuerbare Energien für Heizungen gelten nach GEG:
- Geothermie
- Umweltwärme, z. B. durch eine Wärmepumpe (Luft-Luft-Wärmepumpen oder Luft-Wasser-Wärmepumpen, z.B. bei einer Fußbodenheizung)
- Abwärme aus anderen Prozessen in einem Fernwärmenetz
- am Neubau erzeugter Photovoltaikstrom
- am Gebäude selbst erzeugte Wärme durch Solarthermie
- selbst erzeugte Windkraft
- Wärme aus Biomasse (z. B. Holzpellets oder Biogas)
- grüner Wasserstoff
Was ist bei Bestandsgebäuden zu beachten?
Die energetischen Anforderungen für Bestandsgebäude sind im Vergleich zu Neubauten deutlich geringer. Im Rahmen von Renovierungen ist es Eigentümern nicht gestattet, Maßnahmen durchzuführen, die die energetische Qualität des Gebäudes verschlechtern.
Bei Erweiterungen und dem Ausbau von Gebäuden müssen zwingend die Mindeststandards des Gebäudeenergiegesetzes eingehalten werden, beispielsweise hinsichtlich des Wärmeschutzes der Gebäudehülle oder des energetischen Standards der Heizungsanlage.
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Der wichtigste Wert, den das GEG für Modernisierungsmaßnahmen definiert, ist der „Wärmedurchgangskoeffizient“, auch als U-Wert bezeichnet. Er quantifiziert, wie viel Wärme durch ein Bauteil nach außen abgegeben wird und somit verloren geht. Ein niedriger U-Wert steht für eine effektivere Dämmung und minimiert damit den Wärmeverlust. |
Müssen alte Heizungen ausgetauscht werden?
Die Regel des Gebäudeenergiegesetzes, neue Heizungen künftig mit 65 Prozent aus erneuerbaren Energien zu betreiben, gilt auch für Bestandsimmobilien.
Tatsächlich muss aber niemand Angst haben, dass eine sofortige Pflicht zum Heizungstausch besteht. Die Neufassung sieht keine zwingende Verpflichtung zur Erneuerung von Heizungssystemen vor. Bestehende Heizanlagen dürfen weiterhin in Betrieb genommen und defekte Systeme repariert werden. Falls eine Heizung jedoch irreparabel ausfällt, werden großzügige Übergangsfristen gewährt.
Es besteht außerdem die Möglichkeit, vorübergehend eine Gasheizung zu installieren, sofern diese auf Wasserstoffumrüstung vorbereitet werden kann.
Auf lange Sicht besteht also durchaus eine Pflicht zur energetischen Sanierung – allerdings gilt ab 2024 auch eine entsprechende Heizungsförderung.
Was passiert, wenn bestehende Heizungen kaputt gehen?
Grundsätzlich darf jede bestehende Heizung weiterhin unbegrenzt repariert werden. Falls die Reparatur nicht mehr möglich ist, schreibt das Gebäudeenergiegesetz für Bestandsgebäude wie bereits angeklungen vor, dass die neu installierte Heizung mit mindestens 65 Prozent aus erneuerbaren Energien betrieben wird. Hierfür wird eine Übergangsfrist gewährt, die standardmäßig fünf Jahre beträgt, wobei bei Gas- oder Ölheizungen eine längere Frist von bis zu 13 Jahren gilt.
Ist im Zuge der kommunalen Wärmeplanung der Anschluss an ein Wärmenetz geplant, kann die Übergangsfrist auf bis zu zehn Jahre ausgedehnt werden. Für den Übergangszeitraum ist es sogar erlaubt, eine gebrauchte Heizung zu installieren, die mit fossilen Brennstoffen betrieben wird.
In Ausnahmefällen haben Eigentümer zudem die Möglichkeit, sich von der Verpflichtung zur Nutzung erneuerbarer Energien für Heizzwecke befreien zu lassen.
Das neue Gebäudeenergiegesetz ist nur eine Anpassung bestehender Gesetze
Die kontroversen Diskussionen im Vorfeld hätten fast vermuten lassen, dass das Gebäudeenergiegesetz die gesamte Baubranche und bis dato gängige Standards für Gebäude und Heizungssysteme auf den Kopf stellt. Tatsächlich ist es aber nur eine (strengere) Weiterentwicklung des bisherigen Gesetzes.
Die Gesetzesnovelle legt strenge Standards fest, die unter anderem darauf abzielen, den Energieverbrauch im Gebäudesektor zu reduzieren und den Umweltauswirkungen entgegenzuwirken. Dabei verlangt das GEG entsprechende Nachweise und berücksichtigt Neubauten und Bestandsgebäude gleichermaßen.
Eine der wesentlichen Neuerungen ist das 65 % – Ziel für neue Heizungssysteme. Dabei besteht keineswegs, wie ursprünglich befürchtet, eine Festlegung auf die Wärmepumpe als einzige künftig legitime Wärmequelle. Das GEG ist bewusst technologieoffen gestaltet – was die Konzeption künftiger Heizungssysteme für Planer erleichtern dürfte.
Bei der Umsetzung der neuen Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes können digitale Tools entscheidend unterstützen. Trimble Nova ist dabei eine leistungsfähige Kalkulationssoftware, die in der Lage ist, Heizungssysteme und Gebäudetechnik präzise zu visualisieren und harmonisch mit anderen Gewerken abzugleichen.
Die integrierte Schnittstelle zu Trimble Connect schafft zusätzlich eine gemeinsame Datenumgebung und stellt sicher, dass alle relevanten Daten in Echtzeit für sämtliche Projektbeteiligten zugänglich sind. Mit dieser kombinierten digitalen Power sind Teams bestens auf die strengeren Standards des Gebäudeenergiegesetzes vorbereitet.